"Das Verhältnis der Teilstücke am Schlachtkörper", oder: "Wie viel Rumpsteak ist eigentlich am Rind?"

Wir werden immer wieder gefragt, warum Rumpsteak, Filet oder Hüftsteak – sogenannte Edelteile – so schnell ausverkauft sind. Die Frage ist nachvollziehbar, sind sie doch tatsächlich häufig in Minuten vergriffen.

Deswegen einmal ein Blick hinter die Kulissen, bzw. aufs ganze Tier.

 

 

Denn den wenigsten ist klar, welchen Anteil, die einzelnen Teilstücke am sogenannten Schlachtkörper eines Rindes ausmachen.

Wenn man ein bisschen sucht, findet man an der Wand einer Metzgerei vielleicht ein Poster das zeigt, wo ein bestimmtes Teilstück am Tier sitzt. Die Größenverhältnisse sind allerdings selten wirklich ersichtlich. Und in der Regel ist in den Theken ja auch „immer-alles“ verfügbar.

Das können wir mit unserer Art der Vermarktung nicht bedienen. Und wollen es auch nicht.

Bei unserer Art der Vermarktung, bei der wir immer nur zwei oder drei Tiere aufs Mal schlachten und uns an der sogenannten „Nose to Tail“-Philosophie orientieren, sind die Anteile der verschiedenen Teilstücke allerdings der entscheidende Faktor: 

  • Wie viel von welchem Produkt gibt es am Tier? 
  • Wie viel Filet, Rumpsteak und Hüftsteak haben wir – und wie viel Gulasch, Bratwurst und Hack, bis wirklich alles genutzt ist? 

Die sogenannten „Edelteile“ sind sehr spezifisch: Filets gibt es zwei am Tier: definiert durch ihre Lage am Körper und klar erkennbar in ihren Eigenschaften. Gleichzeitig definiert sich Fleisch für Hack, Gulasch oder die Wurstherstellung eher durch Eigenschaften wie Fett- und Kollagenanteil; Eigenschaften, die einige Fleischteile von sich aus mitbringen, was aber auch durch das Kombinieren verschiedener Teile erreicht werden kann. 

.Unsere Philosophie erfordert, dass wir uns mit allen Teilen des Tieres beschäftigen: den speziellen und den austauschbaren – und das unabhängig davon, wie viel Fleisch wir am Ende essen. 

Was bedeutet das konkret?

2019 aß der Durchschnittsdeutsche 10kg Rindfleisch. Das ist so schön zu rechnen, dass wir uns erlaubt haben, die Menge auszurechnen, die bei einem durchschnittlichen Rindfleischverzehr auf die verschiedenen Teilstücke fallen würde.

Tim hat hierfür ein paar der Aufzeichnungen zur Verfügung gestellt, die er während seiner Arbeit als Metzger gesammelt hat. 

Ein schlachtreifer Ochse zum Beispiel, den wir über vier Jahre bei uns auf dem Hof und den Koppeln aufgezogen haben, wiegt lebend etwa 700 Kilogramm. Nach der Schlachtung, und nachdem Kopf, Füße, Fell und Innereien entfernt wurden, bedeutet das 380kg „am Haken“ – das sogenannte „Kaltschlachtgewicht“ (SG).

Wird feiner zerlegt, wird's auch für uns ein bisschen komplizierter

Auch bei extrem gewissenhaftem Ausbeinen, wenn wirklich jedes Stück Fleisch vom Knochen geschnitten wird, fallen trotzdem etwa 75kg Knochen (19,7%) und 23,5% Sehnen und Fett (89,3kg), an.

Für die folgenden Berechnungen gibt es also zwei Werte: zum einen den Anteil, den ein Teilstück am Schlachtgewicht hat und zum anderen als Referenzwert für Euch den Anteil, den das Teilstück am durchschnittlichen Fleischkonsum eines Erwachsenen im Jahr 2019 gehabt hätte, hätte er sich nach dem Nose-to-Tail-Prinzip ernährt. (kleiner Konjunktivanfall ☺)

Dieser zweite Wert ist natürlich schon abzüglich der Knochen und Sehnen, die ja nicht Teil der durchschnittlichen zehn Kilogramm Rindfleisch sind. Deswegen ist der Anteil eines Teilstückes am Verzehr prozentual etwas höher als sein Anteil am Schlachtgewicht.

 

Beispiele gewünscht?

Am Beispiel des Filets: von einem Tier mit einem SG von 380kg bekommen wir ca. 4,9kg Filet. Das sind etwa 1,3% des Schlachtkörpers, bzw. 2,3% des verwertbaren Fleisches. Auf einen durchschnittlichen Fleischkonsum von 10kg gerechnet, kommen im Jahr pro Kopf entsprechend nur ca. 230g Filet – etwa ein Medaillon also. 

Auf der anderen Seite stehen 68,5kg Schmorfleisch und Gulasch (18%) und 74kg Hack (19,5%), wovon ein Teil auch für Bratwurst genutzt werden kann. Auf unseren Konsum gerechnet, wären das ca. 3,2kg Gulasch/Schmorfleisch und 3,4kg Hack, wobei ein Teil dieser 6,6kg als Rindswurst (Knacker, Wiener, Bratwurst, wie wir sie anbieten) verzehrt werden „darf“.

Rumpsteak „dürften“ wir etwa 490g essen. An einem Tier mit 380kg am Haken hat man etwa 10,6kg, also 2,8% des Schlachtkörpers – ein durchaus stattliches Steak. Beim Ribeye sind wir wieder bei etwas weniger, 6,7kg, bzw. 1,8% (oder 310g im Jahr), Hüftsteak 6kg, 1,6% und 270g.

Kurzer Abgleich was bedeutet das für Sie bei der Bestellung? Wenn wir jetzt sehr grob über den Daumen annehmen, dass zum Beispiel die Pakete Rumpsteak und Rib Eye jeweils 2 Steaks á 400 gr enthalten, ergeben sich bei einem Tier überhaupt nur ca. 13-14 Pakete Rumpsteak und 8-9 Pakete Rib Eye. 

Wenn Sie sich jetzt noch vorstellen, dass es natürlich auch Kunden gibt, die 2 oder 3 solcher Pakete bestellen, können Sie sich vorstellen, wie schnell diese dann ausverkauft sind....

Was können wir daraus ziehen?

Zusammengefasst: teilen wir uns ein Rind, bleiben von einem Lebendgewicht von fast 700kg nach der Schlachtung etwa 380kg übrig. Davon geht nochmal ein Teil Knochen ab, Sehnen und Fett und es bleiben ca. 216kg verwertbares Fleisch übrig. Davon sind wiederum etwa zwei Drittel Hack- und Schmorfleisch und nur ein knappes Drittel des Fleisches verteilt sich auf die sogenannten"Edelteile".

Zuallererst ist es mit den Zahlen vielleicht ein bisschen einfacher, nachzuvollziehen, warum manche Teilstücke schneller ausverkauft sind als andere. Im zweiten Schritt sollten wir uns persönlich die Frage stellen, wie wir damit umgehen. Lebt und stirbt das Tier für die zwei Stränge Filet, oder ist das Beschäftigen mit den anderen Teilstücken vielleicht nochmal die Chance auf ein weiteres Auseinandersetzen mit dem Tier und dem eigenen Fleischkonsum?

 

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